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1. Mittlere und neue Geschichte bis 1648 - S. 10

1883 - Hannover : Helwing
10 Mittlere Geschich te. Bald nach seiner Rückkehr siel er in eine schwere Krankheit; er hielt dieselbe für eine Folge von Gift, das ihm eine Jüdin beigebracht habe, um zu erfahren, ob er auch ein Sterblicher sei. Bis zum dritten Tage vor seinem Ende ließ er sich täglich in die Moschee tragen und betete. Er starb in Medina im Jahre 632. Sein Sarg wird in der Moschee daselbst noch heute gezeigt, und jeder gläubige Muhamedaner macht wenigstens einmal in seinem Leben eine Wallfahrt dorthin. o. Muhameds Lehren waren aus den Grundlehren des Heidentums, Judentums und Christentums zusammengesetzt. Er lehrte einen ewigen, durch ihn aufs neue geoffenbarten Gott, Allah, Schöpfer und Erhalter der Welt, eine Auferstehung der Toten und ein ewiges Leben. Moses und Jesus ließ auch er als Propheten gelten, sich selbst' aber nannte er den größten und letzten Propheten. Die Lehren und zufälligen Äußerungen Muhameds waren von seinen Anhängern auf einzelne Blatter geschrieben; nach seinem Tode wurden diese zu einem Buche, Koran, d. h. Schrift, vereinigt; das ist das heilige Buch der Moslemin. 1 Es umfaßt Glaubens- und Sittenlehren, Vorschriften über Gottesdienst, Ceremonieen und Gebete, Opfer und Wallfahrten Der Gott der Moslemin ist nicht ein heiliger und gerechter, der die Sünden haßt und straft; auch nicht ein erbarmender, eines solchen glauben sie nicht zu bedürfen, da er seinen Anhängern gestattet, den Lüsten des natürlichen Menschen zu frönen, wenn sie nur äußerlich die Gesetze und Gebräuche beobachten. Eine wahre Reue kennt der Muhamedaner nicht. Auch die Vorstellungen über das Leben nach dem Tode sind höchst sinnlich. Der Himmel hat sieben Stufen, über der siebenten liegt das Paradies. Schatten- reiche Gärten mit wohlschmeckendem Obste, anmutigen Bächen und von erfrischenden Winden abgekühlt, unermeßliche Schätze, prächtige Kleider und Pferde, ausgesuchte Speisen und Getränke, eine Bedienung von 80 000 Sklaven und 72 der schönsten, ewig blühenden Jungfrauen — das sind die Freuden, welche den frommen Muselmann erwarten. — Täglich fünfmal müssen die Moslemin sich waschen, darnach beten, das Gesicht nach Mekka wendend; am Freitage, ihrem heiligen Feiertage, ist gemeinschaft- licher Gottesdienst. Die Beschneidung und das Verbot des Schweinefleisches sind aus dem Judentum herübergenommen. Auch der Genuß des Weines ist nicht gestattet, wohl aber die Vielweiberei; doch ist die Zahl der Frauen auf vier beschränkt. — „Beten führt auf halbem Wege zu Gott, Fasten bringt an den Eingang des Himmels, und Almosen öffnen die Thür. Aber für den Glauben in der Schlacht streiten und Feinde töten, das führt zur höchsten Seligkeit." d. Spätere Ausbreitung des Islam. Die Nachfolger und Stell- vertreter des Propheten, Kalifen genannt, fuhren fort, seine Lehre durch Feuer und Schwert auszubreiten. Sie unterwarfen das Perserreich bis zum Indus, ebenso Syrien, Phönicien und Palästina, er- 637 stürmten 637 Jerusalem und erbauten an der Stelle des Tempels eine Moschee. Dann überschritten sie die Landenge von Suez, unter- warfen Ägypten und eroberten nach 14monatlicher Belagerung das wichtige Alexandria. Die ganze Nordküste Afrikas ward dann in raschem Siegesläufe erobert; nur die Stadt Karthago widerstand noch bis zum Ende des Jahrhunderts. * Moslemin oder Muslemin bedeutet Gott-Ergebene; aus diesem Worte machten ' die Perser das Wort Muselman, die Deutschen das Wort Muselmänner.

2. Mittlere und neue Geschichte bis 1648 - S. 105

1883 - Hannover : Helwing
Die Reformation; Martin Luther. 105 Entscheidung des Papstes in einer Streitsache des Ordens einzuholen. Als er der Türme Roms aus der Ferne ansichtig wurde, fiel er auf die Erde, hob seine Hände auf und sprach: „Sei mir gegrüßt, du heiliges Rom!" Später sagte er von dieser Reise: „Ich wollte nicht 100 000 Gulden dafür nehmen, daß ich Rom nicht sollte gesehen haben." Denn hier in Rom konnte er das Verderben der Geistlichen und des Papstes mit eigenen Augen sehen. Wenn er langsam und andächtig eine Messe las, wurden die römischen Priester in derselben Zeit mit sieben Meffen fertig und riefen ihm spottend zu: „Vorwärts, vorwärts, schicke unserer lieben Frau ihren Sohn bald wieder heim!" In Rom war eine heilige Treppe, die Pilatussteige, welche von dem Gerichtshause zu Jerusalem nach Rom versetzt sein sollte; nur mit den Knieen durften die Büßenden sie berühren. Auch Luther erstieg sie auf den Knieen, um den hohen Ablaß zu erlangen, der daran geknüpft war; aber es war ihm, als hörte er in seinem Innern eine Stimme rufen: „Der Gerechte wird seines Glaubens leben." In Wittenberg angelangt, erstattete Luther seinem väterlichen Freunde Staupitz von allem Bericht, was er auf der Reise gehört und gesehen; da drang Staupitz in ihn, daß er ein Doktor der Theologie werde. Luther entschuldigte sich und sprach zuletzt, er sei ein schwacher und kranker Bruder, der nicht lange zu leben habe, man solle sich nach einem tüchtigeren und gesunden umsehen. Da forderte Staupitz den Gehorsam und fuhr scherzhaft fort: „Es läßt sich ansehen, unser Gott werde bald viel im Himmel und auf Erden zu schaffen bekommen; darum wird er viel junger und arbeitsamer Doktoren haben müssen." Da leistete Luther 1512 den Doktoreid auf die heilige Schrift, „dieselbe sein Leben lang zu studieren, zu predigen und den christlichen Glauben mit Disputieren und Schriften wider alle Ketzer zu vertreten." Dieses Eides hat er sich hernach oft getröstet. 1516 wurde Luther Visitator der Klöster in Thüringen und Meißen. In allen fand er Unordnung und die gröbste Unwissenheit. Er empfahl fleißiges Lesen in der Bibel und die Errichtung von Schulen. Ohne Schulen, sagte er, würden die Menschen Bären und Wölfe. 2) Kampf gegen den Kökaß; Reichstag zu Worms. 9. Der Ablaßhandel; Tetzel. Um diese Zeit durchzog der Mönch Johann Tetzel Deutschland und verkaufte Ablaß, d. h. Vergebung der Sünden, um Geld. Es wurde gelehrt, Christus und die Heiligen hätten unendlich mehr gethan, als sie nach dem göttlichen Gesetze schul- dig gewesen. Der Überschuß ihrer guten Werke komme allen Christen zu gute und bilde einen Schatz für die Kirche, über welchen dem Papste, dem Statthalter Christi, die Verfügung zum Besten aller Sünder zustehe. Diese Lehre benutzten die Päpste, Geld zu gewinnen. Der damalige Papst, Leo X., gab vor, er gebrauche das Geld zum Aufbau der Peterskirche in Rom. In der That aber kam ein großer Teil der Ablaß- gelder der Familie des Papstes zu gute. Früher mußten die Leute den Ablaß aus Rom holen, später hatten die Päpste den Verkauf desselben besonderen Leuten übertragen, die ihnen dafür eine ansehnliche Pacht- summe entrichteten. In Deutschland hatte zu Luthers Zeiten der Kardinal

3. Mittlere und neue Geschichte bis 1648 - S. 3

1883 - Hannover : Helwing
Chlodwig. 3 In Paris gelobte er den zwölf Aposteln, da, wohin er gerade seine Streit- axt schleuderte, nach glücklicher Rückkehr eine Kirche zu bauen. Er be- siegte die Westgoten bei Vougle (spr. Wuglee), nahe bei Portiers 507 (Poatje). Der Westgotenkönig Älarich wurde von Chlodwig beim Auf- einanderrennen in der Schlacht durchbohrt; Chlodwig unterwarf sich das Land bis zur Garonne. Den südlichsten Teil Galliens erhielt der Sohn des gefallenen Königs, beschützt von seinem Großvater, dem Ost- gotenkönige'theodorich. Spanien wurde seitdem der Hauptsitz der Westgoten; ihre Hauptstadt wurde Toledo. Auf der Heimkehr erhielt Chlodwig in Tours (spr. Tuhr) von dem oströmischen Kaiser für die Besiegung der ketzerischen Arianer Titel und Gewand eines römischen Patricius. (Beschützer Roms.) In der Kirche, vor dem Grabe des heiligen Martin', bekleidete er sich mit der purpurnen Toga und setzte sich die Krone aufs Haupt. So geschmückt, trat er unter das Volk. Jetzt erst betrachteten ihn die besiegten Gallier als ihren rechtmäßigen König, und auch den Franken erschien er im Lichte höherer Würde. e. Chlodwigs Grausamkeit und Tod. Als Chlodwig so Gallien im Osten bis an die Rhone, im Süden bis an die Garonne erobert hatte, suchte er durch grausame Ermordung aller fränkischen Stammes- häupter die Herrschaft über das ganze Frankenreich sich und seinen Nach- kommen zu sichern. Dem Sohne des Siegbert von Köln schrieb er: „Dein Vater ist lahm und zu alt, um noch König zu sein." Der Sohn ließ infolgedessen den Vater er- morden, als dieser auf einer Jagd im Walde Mittagsruhe bielt. Als der Mörder aber den Gesandten Chlodwigs die gewonnenen Schatze zeigen wollte und sich beim Offnen des Kastens bückte, erschlug ihn einer der Franken hinterrücks mit der Streit- axt. Dann sprach Chlodwig zum Volke: „Meines Detters Sohn hat seinen Vater durch Meuchelmörder umbringen lassen und jetzt selbst — durch wen, weiß ich nicht — den verdienten Lohn gefunden. Es ist sündhaft, das Blut seiner Verwandten zu ver- gießen. Wendet euch zu mir und begebt euch in meinen Schutz." Da erwählte ihn das Volk zum Könige. Ein Frankenfürst hatte Chlodwig nicht gegen die Römer geholfen. Jetzt ließ dieser ihm und seinem Sohne die Haare scheren und machte beide zu Geistlichen. Der Sohn sprach zum Vater: „Das Laub ist abgestreift, aber das Holz noch grün und kann zum Verderben jenes wieder Blatter treiben." Da ließ Chlodwig beide hinrichten und nahm ihr Land in Besitz. Ein anderer Frankenfürst war wegen seiner Schwelgerei bei seinen Unterthanen verhaßt. Chlodwig bestach einige aus dessen Gefolge durch eherne Waffenringe und Wehrgchenke, die er für goldene ausgab. Da führten sie ihren Herrn gebunden vor Chlodwig; dieser rief aus: „Wie hast du unser Geschlecht so tief erniedrigen können, dich binden zu lassen? besser der Tod!" und mit der Streitaxt spaltete er ihm den Kopf. Dann schlug er auch des Königs Bruder mit den Worten nieder: „Hättest du deinem Bruder geholfen, so wäre er nicht gebunden worden!" Zu den Rittern aber sprach-Lr: „Für eure falschen Thaten gebührt euch falsches Geld. Freut euch, daß ich euch für euren Verrat nicht hin- richten lasse!" Als er seine ganze Familie ausgerottet hatte, hörte man ihn oft klagen, daß er freundlos und allein stünde. Er that es aber nur, um den, der sich etwa zeigen würde, gleichfalls zu ermorden. Dennoch sagt der alte Geschichtsschreiber 1 1 Der heilige Martin, ein germanischer Kriegsmann, war im 4. Jahrhundert als christlicher Missionar in Gallien aufgetreten und hatte das große Münster in Tours gestiftet. 1*

4. Mittlere und neue Geschichte bis 1648 - S. 112

1883 - Hannover : Helwing
112 Neue Geschichte. nämlich also: Es sei denn, daß ich durch Zeugnis der heiligen Schrift, oder mit klaren und Hellen Gründen überwunden werde ... so bin ich gefangen in meinem Gewissen in Gottes Wort, und mag und kann ich nicht widerrufen, weil es weder sicher noch geraten ist, etwas gegen das Gewissen zu thun. Hier stehe ich, ich kann nicht anders, Gott helfe mir! Amen." Nach diesen Worten wurde Luther in seine Herberge zu- rückgeführt. — Im Saale war zuletzt Unruhe und Geschrei entstanden. Die Nacht war herein- gebrochen, und die Versammelten gingen auseinander. Als man Luther abführte, meinten die Deutschen^zuerst, man führe ihn gefangen, und machten ein Getümmel; ein großer Teil der Spanier verfolgte ihn mit lautem Zischen und Höhnen. Um 8 Uhr kam Luther in seine Herberge; seinen Freunden jagte er: „Wenn ich tausend Köpfe hätte, so wollte ich sie mir eher abhauen lassen, als einen Widerruf thun." Durch sein männliches Auftreten hatte sich Luther Freunde erworben. In seiner Herberge hatte er mehr Zuseher und Anseher, als alle Fürsten und Herren. Noch in den Reichtagssaal hatte ihm der katholische Herzog Erich von Braunschweig eine silberne Kanne mit Eimbecker Bier geschickt. Der Kurfürst von Sachsen rief Spalatin in seine Kammer und sagte ihm: „Wohl siat Vater Dr. Martinus geredet vor dem Herrn Kaiser und allen Fürsten und Ständen des Reichs und ist mir nur zu herzhaft gewesen." Der Landgraf Philipp von Hessen gab Luther mit den Worten die Hand: „Habt ihr recht, Herr Doktor, so helf'euch Gott!" Von der Ebernburg erhielt Luther Briefe mit der Zusage, daß es ihm air Verteidigern nicht fehlen werde. Noch einmal wurde der Versuch gemacht, Luther zum Widerruf zu bewegen, aber umsonst. Er antwortete mit den Worten Gamaliels: „Ist der Rat oder das Werk aus Menschen, so wird es untergehen; ist es aber aus Gott, so werdet ihr es nicht dämpfen können." Da entließ man ihn. Der Kaiser hielt ihm das Geleit auf 21 Tage, und als einige ihm sagten, einem Ketzer brauche man sein Wort nicht zu halten, ant- wortete Karl V.: „Wenn in der ganzen Welt auch keine Treue noch Glauben zu finden wäre, so müßten sie doch beim römischen Kaiser sein; ich will nicht erröten, wie einst Kaiser Sigismund." Dennoch suchte der Kaiser noch vor dem Schluffe des Reichstags Luthers Werk zu ver- nichten. Als die meisten Fürsten schon abgereist waren, beschied er die noch anwesenden drei geistlichen Kurfürsten und den streng katholischen Joachim 1. von Brandenburg in seine Wohnung und legte ihnen das Wormser Edikt zur Unterschrift vor. In demselben wurde jede Ver- breitung der neuen Lehre verboten und Luther für einen Ketzer und in die Acht erklärt: niemand, so hieß es darin, solle ihn „hausen, Höfen, ätzen oder tränken," sondern gefangen nehmen und vor den Kaiser bringen. e. Luther auf der Wartburg. Luther war aber bereits in Sicher- heit gebracht. Kurfürst Friedrich hatte ihm schon sagen lassen, man werde ihn beiseite bringen. Als Luther auf der Rückreise von Worms bei Eisenach seitwärts lenkte, um einige Freunde zu besuchen, sielen be- waffnete Reitersleute seinen Wagen an, rissen ihn heraus und brachten ihn ungesehen auf die Wartburg bei Eisenach. Hier wurde Luther als ein „Junker Georg" behandelt, erhielt ritterliche Kleidung und mußte sich den Bart und die Haupthaare wachsen lassen. Anfangs gefiel ihm das Leben in „der Region der Vögel" nicht; er schrieb: „Ich wollte für die Ehre des göttlichen Worts lieber auf glühenden Kohlen brennen, als hier in der Einsamkeit halb leben und verfaulen." Mitunter ritt er,

5. Mittlere und neue Geschichte bis 1648 - S. 104

1883 - Hannover : Helwing
104 N e u c Geschichte. Musik, die er so sehr liebte. Tags darauf trat er ins Kloster ein. Mit Thränen gaben ihm seine Freunde das Geleit. Der Vater fühlte die kindliche Pflicht verletzt und sagte dem Sohne die väterliche Gunst ab; erst lange nachher, als ihm schon zwei Söhne gestorben, gab er seine Einwilligung und ließ sich bereit finden, der ersten Messe seines Sohnes beizuwohnen. o. Zin Kloster ließ es sich Luther blutsauer werden. Zu den nie- drigsten Diensten verwandte man ihn: er mußte die Kirche fegen, die Glocke läuten, die Thür hüten und lief mit dem Sack in der Stadt umher, um für das Kloster zu betteln. Auch im Kloster fand er eine Bibel, die er fleißig las. Wenn Luther aber andächtig in derselben forschte, störten ihn die älteren Mönche und sagten: „Mit Betteln, nicht mit Studieren dient man dem Kloster." Dann mußte er wieder hin- aus, um Brot. Fleisch, Fische, Eier, Getreide und Geld zu erbetteln. Dabei zermarterte er sich mit Beten, Fasten und Kasteiungen und war dennoch stetig betrübt und ohne Trost. „Wahr ist es", sagt er von sich selbst, „ein frommer Mönch bin ich gewesen und habe so streng meinen Orden gehalten, daß ich's bekennen darf: ist je ein Mönch gen Himmel kommen durch Möncherei, so wollte ich auch hinein kommen sein, denn ich hätte mich, wo es länger gewähret, zu Tode gemartert mit Beten, Fasten, Wachen, Frieren. Dennoch war ich so traurig und betrübt, daß ich gedachte, Gott wäre mir nicht gnädig." „O meine Sünde, Sünde, Sünde!" schrieb er an Staupitz, den Vorsteher seines Ordens, und dabei wußte er diesem keine bestimmte Sünde zu beichten. Vergebens suchten seine Freunde ihn aufzumuntern; oft schloß er sich mehrere Tage in seine Zelle ein und ließ sich nicht sehen. Als es einst wieder geschehen, erbrachen seine Freunde mit Gewalt die Thür und fanden ihn ohn- mächtig am Boden liegen. Da stimmten sie mit einigen Chorknaben im Kreuzgewölbe einen Choral an, und die Musik brachte ihn ins Leben zurück. Ein treuer Klosterbruder sprach zu Luther: „Kennst du denn das Wort nicht: ich glaube an eine Vergebung der Sünde?" Das tröstete ihn. Als Luther dem Dr. Staupitz die Bekümmernis seines Herzens entdeckte, befreite ihn derselbe von den niederen Diensten und sprach tröstend zu ihm: „Du weißt nicht, lieber Martin, wie nützlich und nötig dir solche Anfechtung ist; denn solche schickt Gott dir nicht vergebens. Du wirst sehen, daß er dich zu großen Dingen brauchen wird." Dann zeigte Staupitz ihm den Weg der wahren Buße und des Glaubens an den Heiland, der nicht um gemalter, sondern wirklicher Sünden willen gestorben sei. Durch Staupitz wurde Luther Professor an der 1508 Universität zu Wittenberg. Diese Universität war erst kürzlich durch den Kurfürsten Friedrich den Weisen errichtet worden. Luther lehrte hier anfangs nur weltliche Wissenschaften; daneben drang er auch tiefer in die Theologie, in „den Kern der Nuß," ein. Er wohnte auch in Wittenberg noch im Augustinerkloster. Aus Schüchternheit lehnte er es anfangs ab, zu predigen. „Herr Doktor," sagte er zu Staupitz, „ihr bringt mich um mein Leben, ich werde es nicht ein Vierteljahr treiben." Endlich versuchte er es doch und zwar mit solchem Beifall, daß er später zum Prediger an der Hauptkirche zu Wittenberg erwählt ward. Wie großes Vertrauen der Orden in Luther setzte, sieht man dar- aus, daß er im Jahre 1511 nach Rom geschickt wurde, um die

6. Mittlere und neue Geschichte bis 1648 - S. 106

1883 - Hannover : Helwing
106 Neue Geschichte. Albrecht, Erzbischof zu Mainz und Magdeburg und Bruder des Kur- fürsten Joachim I. von Brandenburg, diese Vollmacht. Der Papst hatte ihm gestattet, die Hälfte der in Deutschland aufkommenden Ablaß- gelder behalten zu dürfen. Er betraute den Orden der Dominikaner mit dem Verkaufe des Ablasses. Der Dominikanermönch Tetzel betrieb den Handel mit besonderer Unverschämt- heit. Kam er vor eine Stadt, so ließ er hineinsagen: „Die Gnade Gottes und des heiligen Vaters ist vor euern Thoren." Dann zogen Bürgermeister, Rat, Geistliche und Schulkinder und alles Volk hinaus, holten ihn mit Musik herein, läuteten mit allen Glocken und zogen feierlich zur Kirche. Dort wurde Tetzel mit Orgelschall empfangen. Dann richtete er vor dem Altare sein hohes, rotes Kreuz aus und hängte des Papstes Wappen daneben. Hierauf stieg er auf die Kanzel und predigte von der großen Gnade und Kraft, die der Ablaß haben solle. Darnach strömte das Volk herbei, um sich für allerlei Sünden Vergebung zu kaufen. Man zahlte für einen Meineid neun, für einen Mord acht Dukaten. Ja, man konnte auch Ablaß erhalten für Sünden, die man noch begehen wollte. Ein Ritter, der für einen Raub bezahlt hatte, überfiel den Tetzel und nahm ihm seine Gcldkistcn. Dann zeigte er ihm den Ablaßbrief. Selbst Milch- und Butterbriefe bot Tetzel feil für solche, die in der Fastenzeit Milch und Butter essen wollten. Den Bergleuten in Annaberg rühmte er, cs würden alle Berge lauter Silber werden, wenn sie Ablaß lösetcn. Sein Wahl- spruch war: „Wenn das Geld im Kasten klingt, die Seele in den Himmel springt." Er rühmte sich, durch seinen Ablaß mehr Seelen in deir Himmel gebracht zu haben als sämtliche Apostel mit ihrer Predigt. Tetzel kam auch in das Städtchen Iüterbogk, vier Meilen nord- östlich von Wittenberg. Hierhin liefen auch die Leute aus Wittenberg und kauften Ablaß. Als Luther in der Beichte etliche von ihnen ermahnte, Buße zu thun, zeigten sie ihm ihre Ablaßzettel und meinten, Buße sei nicht mehr nötig. Er aber sprach: „Wenn ihr euch nicht bekehret, werdet ihr umkommen." Da eilten sie erschrocken und ärgerlich zu Tetzel zurück und meldeten ihm, daß Luther seine Ablaßbriefe nicht anerkennen wolle. Darauf fing Tetzel an zu wüten und zu fluchen und Luther als einen Erzketzer zu verdammen. Dieser aber predigte unerschrocken wider den Ablaß und lehrte die Leute, wer Buße thue sein Leben lang, der empfange Gnade. 3i. Qkt. b. Die 95 Thesen. Da aber Tetzel und sein Anhang ihr Werk 1517 noch verteidigten, schlug Luther am 31. Oktober 1517 an die Thür der Schloßkirche 'zu Wittenberg 95 Thesen (Sätze) gegen Tetzels Ablaß. Noch an demselben Tage sandte er dem Erzbischof Albrecht einen Brief, dem die Thesen beigelegt waren. Einige der Thesen lauten: „Da unser Herr und Meister Jesus Christus sprach: Thut Buße! wollte er, daß das ganze Leben seiner Gläubigen aus Erden eine stete Buße sei. Die werden samt ihren Meistern zum Teufel fahren, die da vermeinen, durch Ablaßbriefe ihrer Seligkeit gewiß zu sein. Die predigen Menschentand, die da vorgeben, daß, sobald das Geld im Kasten klingt, die Seele aus dem Fegefeuer fahre. Man soll die Christen lehren, daß, wer den Armen giebet oder leihet den Dürftigen, besser thut, als wer Ablaß löset. Man soll die Christen lehren, daß der Papst, so er wüßte des Ablasses Schinderei, lieber wollte, daß St. Peters Münster zu Pulver verbrannt würde, denn daß es sollte mit Haut, Fleisch und Bein seiner Herde erbaut sein. Die Schätze des Evangeliums siud Netze, in denen man vor Zeiten die Leute

7. Bd. 3 - S. 1

1793 - Hannover : Helwing
Vor red es f s ist nicht meine Schuld- wenn dieser Band spas ter erscheint, als es die Liebhaber des Buchs wünschten, sondern manü)erley Hindernisse, von denen manche mir sogar den Auch bey der Arbeit benah- men, verzögerten ihn, Auch die Bearbeitung selbst, vornemiich aber die Behandlung der Weltgeschichte, hak mir viele Zeit weggenommen. Es ward mir nemlich, so oft ich tm Vorträge dieser wer'tlauftigen Wissenschaft vorrückte, immer schwerer, die Begebenheiten kurz und doch zugleich im Zusammenhänge zu erzählen, und das von meinen Freunden über die im zweyten Bane enthal- tene Geographie gefällete doppelte Urkheil, nach welchem ich, wie einige derselben behaupten, sie zu kurz, nach anderer Meynung dagegen zu tveitläuftig behandele habe — machte mich oft Tage lang unschlüssig. Daß Weltgeschichte, wenn sie anders ihren Zweck erreichen soll, in einem gewissen Zusammenhangs vorgetragen werden, und also nicht aus dürren Namen und Zahlen bestehen müsse, darüber ist man längst eins» Welche Gränzen ich aber in dem großen, unabsthlichen Felde der Weltgeschichte für Meine Leser ziehen müsse, das,

8. Bd. 3 - S. 6

1793 - Hannover : Helwing
Die Weltgeschichte. £ viele, sehr viele wichtige Dinge werde auslassen müssen. Von manchen Zeiten und Völkern werde ich Euch ohnehin nicht viel sagen können, wenn ich auch wollte: denn von den ersten Menschen z. B. wissen wir nur sehr wenig, weil diejenigen, die uns Begebenheiten aus den Zeiten jener ersten Menschen hatten melden können, die Kunst zu schreiben noch nicht verstanden. Sogar bey vielen heuti- gen Völkern giebt cö noch keine Schreibkunst, und also auch keine Männer, die ihre Geschichte aufschreiben kön- nen; und unter manchen andern Völkern sind die Schrif- ten ihrer Geschichtschreiber durch Kriege, Feuer, Erd- beben oder durch andere Schicksale vernichtet worden. Ehe wir nun diese neue Arbeit anfangen, muß ich mit Euch erst noch über einen Umstand einig werden, der uns dieselbe sehr erleichtern kann. Euch so viele Bege- benheiten vom Anfänge der Welt her, bis aus unsere Zei- ten ohne eine gewisse Ordnung zu erzählen: nicht wahr, das würdet Ihr Euch verbitten? Diese Ordnung will ich nun von meiner Seite, so viel ich kann, zu beobachten suchen; aber Ihr müsset mir auch versprechen, daß Ihr Eurer Seitö Eure Aufmerksamkeit und vorncmlich Euer Gcdachtlttß sieißig gebrauchen wollet, um alles gehörig zu fassen. Da wir nemlich die Begebenheiten, die sich in Zeit von beynahe 6200 Jahren unter so vielen Völkern der Erde zugetragen haben, nicht mit einem Blick über- sehen können, so wollen wir uns Standplätze auösuchen. Einen solchen Platz wollen wir allemal bey einer sehr groß- ßen Begebenheit, oder bey einem sehr merkwürdigen Volk, oder bey einem sehr berühmten Menschen machen. So werde ich Euch z. B. zuerst erzählen, was für merkwür- dige Veränderungen von Erschaffung der Welt an, bis zur Sündfluth vorgefallen sind; ohne mich um die Bege- benheiten, die spater geschehen, zu bekümmern. Es soll also das Zahr der Sündflvth uns unfern erste» Standplatz ixt#

9. Bd. 3 - S. 7

1793 - Hannover : Helwing
Die Weltgeschichte. 7 verschaffen, von wannen wir bis in die ersten Zeiten der Erde hinein blicken, d. h. es soll uns unsere erste Abthei- lung geben. Eine solche Begebenheit nun, die wir zur Abtheilung in der Geschichte gebrauchen, wollen wir einen Zeitpunkt, oder eine Epoche nennen, die Zeit aber, wel- che Zwischen zwey Epochen verflossen ist, soll Periode oder Zeitraum heißen. Und um solcher Perioden gleich- falls nicht allzuviel zu machen, wollen wir die ganze Weltgeschichte in zwey große Haupttheile trennen, nem- lich in die Geschichte vor und in die Geschichte nach Christi Geburt. Ein jeder derselben soll sechs Perioden bekommen, ss daß Ihr also, nachdem Ihr zwölfmal ausgeruhet habet, die ganze Weltgeschichte kennen sollet. Auf diese Art bringen wir unserm Auge die Begebenheiten gleichsam näher, und können sie also besser übersehen,. Erster Hauptthei!. Begebenheiten vor Christi Geburt. Erster Zeitraum. Von Adam bis Noah, oder von der Schöpfung bis auf die Sündfluth. Vom Jahr r bis 1656. ^)or beynahe 6202 Jahren war unsere Erde das, was ein in Trümmer gefallenes Gebäude ist, war ein unge- heurer durch Feuer zerstörter Klumpen, oder sie war, wie der erste Geschichtschreiber, Mose-, sagt, wüste und leer. Wie lange diese zerstörte Welt vorher gestanden, was für Einwohner sie gehabt: das weiß kein Mensch. — Damit nun aufs neue vernünftige und vernunftlose Ge^ schöpfe darauf wohnen und sich freuen sollten, bildete der N 4 allmäch-

10. Bd. 3 - S. 8

1793 - Hannover : Helwing
Die Weltgeschichte Allmächtige Werkmeister diese zerstörte Erde mit, und gas ihr die Form einer Kugel. Da entstand festes Land und Meer; da thürmten sich Verge auf und Flüsse stürzten von ihnen herab; da stiegen Dämpfe empor und bildeten Wolken, Regen und Schnee; da sproßten Pflanzen, Blumen und Bäume; da krochen, schwebten, schwam- men, siogen, wandelten Würmer, Insekten, Fische, Vögel und Saugethiere. Und als nun das ganze schöne, prächtige Gebäude mit allen seinen unzähligen Theilcn in feiner herrlichen Ordnung da stand, gab ihm seine all- mächtige Hand Zum crstenmale die Bewegung: und von diesem Augenblick an lief die neue Erde, in Gesellschaft ihrer übrigen Schwestern, der Planeten, um ihre allge- meine Leuchterin und Erwärmerin, um die Sonne, und um sich selbst. So entstanden denn Tag und Nacht, Monate und Jahre, und Frühling, Sommer, Herbst und Winter. Aber noch fehlte der, der diese Welt als Statthal- ter Gottes regieren sollte; der Mensch war noch nicht vorhanden; erst sollte ja seine Wohnung völlig für ihn ge- schmückt, sein Tisch bereitet, sein Reich geordnet seyn» Und nun, da der Allgütige für altes dieö gesorgt hatte, da bildete er denn auch ein Geschöpf, das nicht, wie die Thiere deö Waldes, an der Erde kriechen, sondern auf- recht gehen; daö nicht, wie daö Aieh, nach dummen Trieben handeln, sondern gleich Engeln mit Vernunft und Weisheit begabt ftyn, und dabey einen schönen, ge- rade gebauten und schlank geformten Körper haben sollte? bcn Menschen bildete er, und zwar zuerst einen Mann, den der Schaffende von dem Staube, woraus dies Ge- schöpf ìntstand, Adam nannte. Da stand er jetzt in seinem Gebiet, der erste König, und überschaute da- junge Land mit alle dem, was darin lebte u«d webte. Der Löwe nahte sich ihm neugierig und brüllte ihn seinen
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